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Lamberto Frescobaldi – endlich angekommen im Chianti Classico

Lamberto Frescobaldi – endlich angekommen im Chianti Classico
Copyright Frescobaldi

Frescobaldi ist eine der bedeutendsten Weinfamilien der Toskana mit Weingütern fast in der ganzen Region. Lamberto Frescobaldi, Präsident des Unternehmens, erzählt vom Leben auf dem Weingut und warum seine Familie so lange nicht im Chianti-Classico-Gebiet vertreten war.

Chianti Colli Fiorentini von der Tenuta Castiglione, Chianti Rufina von Nipozzano, Brunello di Montalcino von Castel Giocondo, Morellino di Scansano von Ammiraglia – und nicht zu vergessen der Ornellaia, der Inbegriff des Supertoskaners: Diese Weine verbindet man mit dem Hause Frescobaldi, dessen Weingeschichte bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht.

Nur Chianti Classico suchte man in der Reihe der toskanischen Weinklassiker dort bisher vergebens. Das ist nun anders: Ende 2017 kaufte die Weinfamilie die Tenuta San Donato in Perano. Dieses Jahr gehen die Chianti Classicos von dort unter neuer Führung an den Start. Ein Anlass, um mit Marchese Lamberto Frescobaldi ein wenig zu plaudern.

Alice Gundlach: Sie sind auf dem Familien-Weingut Nipozzano aufgewachsen. Wie war das?

Immer noch auf Nipozzano verwurzelt: Lamberto Frescobaldi
Immer noch auf Nipozzano verwurzelt: Lamberto Frescobaldi

Lamberto Frescobaldi: Ich bin auf dem Land gross geworden, zwischen den Reben, der Ölpresse und Kühen. Es war fast wie im Mittelalter.
Ich habe es genossen, so zu wohnen, in einer Gegend, in der man die Haustüre nicht abschliessen musste. Und der Weinbau war so immer etwas Natürliches für mich.

AG: Dass Sie das Weingut übernehmen würden, war also keine Frage für Sie. Aber als junger Mensch will man doch sicher vorher noch etwas anderes sehen?

LF: Ich habe Landwirtschaft in Florenz und Davis (Kalifornien) studiert. Zu Studentenzeiten bin ich aber auch mit dem Wohnwagen durch ganz Europa gereist. Als ich 26 war, im Jahr 1989, wollte ich bis zum Nordkap fahren. Aber kurz vor Bergen beschloss ich, dass das langweilig ist und bin umgekehrt.

Als ich in Deutschland ankam, überlegte ich kurz, ob ich nach Berlin reinfahren soll – das habe ich mich aber nicht getraut, weil ich dachte, dass das sicher schwer wird mit dem grossen Wagen in der Stadt. Kurz darauf fiel die Mauer. Bis heute bereue ich, dass ich es nicht getan habe.

AG: Das heisst, dass Sie nicht nur in die Weinregionen Europas fuhren?

LF: Nein, aber Wein ist überall ein angenehmes Thema, man kann sich mit jedem darüber unterhalten. Und wenn mein Wohnwagen einmal eine Reparatur brauchte, konnte ich sie oft mit einer guten Flasche Wein bezahlen. Und ich habe aber auch festgestellt: Wein wächst immer in landschaftlich schönen Gegenden mit freundlichen Menschen!

AG: Vielleicht kommt es daher, dass viele Weinproduzenten auch gerne in andere Regionen als der Heimatregion, sogar in andere Länder expandieren. Mit Ausnahme von Attems im Friaul haben Sie aber nur Güter in der Toskana. Wieso?

LF: Das gibt uns die Möglichkeit, uns auf die Qualität dieser Region zu fokussieren. Wir sind sehr spezialisiert auf Rotwein. Mit Attems haben wir aber auch gute Weissweine anzubieten.

AG: Wie kam es, dass Sie trotzdem so lange kein Weingut ausgerechnet im Chianti-Classico-Gebiet hatten?

Das Chianti Classico-Weingut Tenuta Perano
Das Chianti Classico-Weingut Tenuta Perano

LF: Mein Vater Vittorio hat schon seit den 1960er Jahren nach einem Weingut dort Ausschau gehalten. Es gab seitdem auch immer wieder Angebote, aber es war für uns nichts Passendes dabei. Wir wollten eben kein Gut kaufen, nur weil es im Chianti-Classico-Gebiet lag.

AG: Und die Tenuta San Donato in Perano hat dann aber gepasst?

LF: Ja. Seit 2014 sind wir in diesem Weingut involviert, 2017 ergab sich die Möglichkeit, es zu ersteigern. Aber den Namen haben wir geändert. Es gibt einfach so viele Weingüter, die „San Donato in …“ heissen.

Ab sofort wird es deshalb unter dem Namen Tenuta Perano Frescobaldi firmieren. Zur Vinitaly 2018 im April stellen wir die erste Kollektion vor.

AG: Wie wird die aussehen?

LF: Es wird zunächst nur zwei Weine geben: Einen Chianti Classico und eine Chianti Classico Riserva. Im kommenden Jahr soll es auch noch eine Gran Selezione geben.

Der Weisswein und der Rosé, die es in dem Weingut bisher noch gab, werden ersatzlos gestrichen.

AG: Gran Selezione ist eine eher neue Kategorie im Chianti-Classico-Gebiet, die über den bisherigen steht. In dem Gebiet wird über sie bis heute diskutiert, auch weil die Regeln für sie sehr strikt sind und ihre Herstellung risikoreich – wird ein Wein als Gran Selezione angestellt und abgelehnt, wird er automatisch zum DOCG-Wein ohne den Zusatz Riserva abgewertet. Sie finden diese Kategorie aber eine gute Idee?

LF: Definitiv. Ich hätte sogar lieber etwas striktere Regeln, z. B. in Bezug auf die Lagen, oder dass für sie nur reinsortige Sangioveses erlaubt wären. Das würde dieser Kategorie eine stärkere Identität verleihen.

Ich bin durchaus auch ein grosser Fan von IGTs, bei denen alles erlaubt ist, wie die Supertoskaner. Damit kann der einzelne Produzent sich individuell darstellen. Aber wenn man wiederum etwas gemeinsam macht, sollten die Regeln eng gefasst sein.

AG: Für Chianti Classico sind nicht mehr als 4 Gramm Restzucker erlaubt, überhaupt sind Sangiovese-Weine sehr trocken und tanninreich. International sind derzeit aber oft eher geschmeidige Rotweine mit etwas mehr Fruchtigkeit gefragt. Die ersten Weinproduzenten in der Toskana sprechen schon darüber, ob man die Regeln in Bezug darauf nicht vielleicht etwas lockern sollte. Was denken Sie darüber?

LF: Für das Chianti-Classico-Gebiet würde ich das ablehnen. Wenn es andere Chianti-Regionen so machen würden, könnte ich es akzeptieren. Aber ein Fan davon wäre ich nicht.

Über die Autorin

Alice Gundlach arbeitet seit 2005 als Journalistin, seit 2011 ist sie freie Autorin mit den Schwerpunkten Wein und Food. Davor schrieb sie schon als angestellte Redakteurin regelmässig über Weinthemen.

Sie ist spezialisiert auf die Weinregionen Deutschlands und Italiens.

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