Der Schraubverschluss ist nach Meinung vieler Experten die bestmögliche Art, Weinflaschen abzudichten. Doch während Neuseeland oder Australien stark auf die moderne Art des Verschlusses setzen, haben sich viele Winzer aus Baden, von der Mosel oder aus der Pfalz entschieden, beim Kork zu bleiben. Von den großen Domänen in Frankreich, Italien, Spanien oder Portugal gar nicht zu reden. Einer der deutschen Pioniere des Schraubers wird trotzdem nicht müde, die Vorzüge der modernen Verschlussmethode zu rühmen.
Vor zehn Jahren haben Karl Heinz und Patrick Johner aus Baden entschieden, ihre komplette Weinproduktion auf den Schraubverschluss umzustellen – inklusive der Spitzen-Rotweine. Eine Entscheidung, die bis heute gilt, die aber immer noch zu Diskussionen führt. Wir haben mit Patrick Johner gesprochen.
Herr Johner, warum haben Sie und Ihr Vater die Produktion umgestellt? Weg vom Naturkorken, hin zum Schrauber?
Wir waren in Deutschland schon immer Vorreiter für innovative Ideen. Ideen, die aber nicht von uns selbst, sondern von Kollegen aus dem Ausland mit hohem Erfolg durchgeführt wurden und nur eines zum Ziel hatten: bessere Produktqualität. Von Frankreich und den USA haben wir gelernt, wie Weine im Barriquefass vinifiziert werden. Von Italien und Südfrankreich haben wir gelernt, wie man mit verregneten Jahrgängen umgehen kann. Beim Schraubverschluss kamen die Vorbilder aus Übersee – Australien und Neuseeland. Ende der 90er-Jahre wurde die Korkproblematik immer schlimmer. Die Verwendung von Kunststoffstopfen endete bei uns in einem Desaster. Langzeiterfahrungsberichte aus Australien führten dann zu dem entscheidenden Hinweis.
Zehn Jahre Erfahrung – hat sich der Schraubverschluss bewährt?
Absolut. Aber man muss sehr viele Fallstricke beachten. Lokale Kollegen mit Schraubverschlusserfahrung hatten uns damals auf einige Probleme hingewiesen. Dazu kamen die Erfahrungen aus Australien hinzu. Alles musste berücksichtigt werden, damit diese Flucht nach vorne gelang.
Was sind denn das so für Fallstricke?
Es gibt da zwei Bereiche. Den önologischen, bei dem man dafür sorgen muss, dass der Wein perfekt ohne Reduktionen auf die Flasche kommt. Der zweite betrifft die Abfüllung und den anschließenden Umgang mit dem Flaschenkopf. Naturkork ist ein wunderbarer Werkstoff, der als Innenabdichter leichte Fehler bei der Korkmaschine verzeiht. Beim Schraubverschluss muss alles richtig sein. Die eigentlich abdichtenden Flächen sind viel kleiner und für Fehler viel empfindlicher, zum Beispiel darf die Glasoberfläche keine Orangenhaut oder Mikrorisse haben.
Viele Winzer erzählen, dass der Wein atmen müsse und dies nur unter Naturkork gelinge. Ist das falsch?
Man muss hier zwei verschiedene Reifevorgänge unterscheiden. Dezente Diffusion von Sauerstoff bewirkt eine schnellere Alterung. Die Sulfite werden hier schneller zum Sulfat oxidiert, und der Wein verliert sein „Antioxidationsmittel“. Und dann gibt es noch den Reifevorgang ohne Zufuhr von Sauerstoff. Der Oxidationsschutz durch Sulfite oder Tannine bleibt viel länger vorhanden. Die Tannine polymerisieren viel langsamer, und die Gefahr von Reduktionen auf der Flasche steigt bei unsachgemäßer Vinifikation. Wenn alles perfekt läuft, ist die Haltbarkeit vervielfacht.
Weine mit Schrauber reifen ebenso gut wie mit Korken?
Sie reifen unter dem Schrauber langsamer als unter Kork. Ich war letztes Jahr bei der Ten-Years-after-Verkostung des Weinguides GaultMillau dabei. Über 50 Prozent der Weine wurden von den Verkostern als „überaltert“ abgewertet. Unser Wein war nach deren Meinung viel zu jung. Inzwischen haben einige Kollegen nachgezogen, aber viele deutsche Winzer bleiben gerade bei ihren besten Weinen noch beim Kork.
Es gibt immer noch Kunden, die lieber Wein unter Kork kaufen?
Ja leider, nur sind das nicht mehr unsere Kunden, deshalb erfahren wir dies nur über dritte Personen.
Bekommen Sie genügend Unterstützung vonseiten der Forschungsinstitute? Wurde schon eindeutig geklärt, dass Weine mit Schraubverschluss ebenso gut sein können wie (oder besser als) mit Korken?
Die Dauer der Langzeitstudien bei den Instituten beläuft sich normalerweise auf maximal drei Jahre. Im Vergleich zur Lagerfähigkeit von internationalen Kultweinen ein absoluter Witz. Es gibt leider kein besser oder schlechter. Korkliebhaber werden eventuell die dezente Korkaromatisierung vermissen, abgesehen vom Ritual.
Auch beim Naturkorken gibt es Fortschritte. Werden Sie irgendwann wieder umsteigen?
Zum Glück kenne ich die Gasdiffusionsraten der verschiedenen Verschlüsse. Ich bleibe beim hochwertigen Schraubverschluss mit dichtender Zinnfolie.
Was können Sie Ihren Kollegen noch an Erfahrung mitgeben?
Ehrlich gesagt wünsche ich mir, dass meine Kollegen wenigstens ein paar Flaschen von ihren Spitzenweinen für interne Testzwecke unter Schraubverschluss abfüllen. Nur so können Sie wirklich selbst erkennen, ob ihnen diese geänderte Reifung gefällt oder nicht.
Weingut Karl H. Johner
Gartenstraße 20
D-79235 Vogtsburg-Bischoffingen
Tel. +49 (0) 7662 6041
www.johner.de
Herr Binder geschmacksneutrale Korken? Sie meinen doch nicht etwa DIAM?
Schauen Sie mal hier: www.diam-test.info
Oder meinen Sie TCA arme Naturkorken? Das sind Korken, bei dem jeder einzelne Korken mit einem neuen Verfahren streng auf TCA kontrolliert wird.
Aufpreis je Korken auf den normalen Stückpreis (50 Cent und mehr) ca. 25 Cent. Trotzdem kann der teure Korken Stoffe enthalten, welche den Geschmack beeinträchtigen. Tja und so schnell reift der Wein darin auch nicht.
Gute, sprich neutrale und gut abdichtende Kunststoffstopfen gibt es auch, z.B. von Syncor. Die bieten auch einen innovativen Schraubverschluss an ... mit Glaslinse.
Ich finde man sollte differenzieren. Alltags-Weiss und -Roweine mit günstigem Drehverschluss finde ich voll ok. Für Klasseweine besser Kork, wo der Saft-wie im Bericht erwähnt schneller altert (wer will schon 20 statt 10 Jahre auf seine Brodeauxweine warten). Nicht zuletzt, da es seit kurzem verschiedene Verfahren gibt, geschmacksneutrale Korken herzustellen.
In meinem Biertrinker-Freundeskreis schwören alle bei Wein auf Korn! "Das gehöre sich so!"
Da ist eine Flasche mit Kunststoffkork genauso gut wie der Naturkork.
Ich denk echter Korn und Schraubverschluss haben ihre Daseinsberechtigung auch wenn letzterer eindeutigere Vorteile bietet.
Nur dass mit dem Kunststoffkork will mir irgendwie nicht einleuchten...
Lieber Herr Hellbach, ich bin ja sehr für Kork und Korkeichen und überhaupt für Bäume. Aber deren Rinde habe ich halt nur notgedrungen auf meinem Wein. Und liebe Frau Hübener: Man gewöhnt sich schnell an Schrauber. Vor allem, wenn man weiß, dass die meisten Weine vom Korken geschmacklich beeinflusst werden.
wie kann ein Winzer der ja hoffentlic auf Grund seiner Tätigekit zumindest ein ganz kleines ökologisches Gewissen hat für Schraubverschlüsse sein. Eine Korkeiche (normaler Größe) verbraucht am Tag soviel CO2 wie für die Herstellung eines besch..... Metallverschlusses benötigt wird. Soviel Bäume können wir gar nicht pflanzen um die Verschmutzung unserer Erde zu reduzieren. Übrigens so neben bei noch Korkeichen verbrauchen ca. 5 mal soviel CO2 wie die meisten anderen Bäume.
Ich erfreue mich nicht an diesen Schraubverschlüssen. Eine Flasche zu entkorken gehört für mich zur Trinkkultur, wie das Weinglas passend zum Wein. Ich habe bis jetzt immer darauf geachtet, dass ich verkorkte Weinflaschen kaufe, aber auf einmal wird es schwieriger im Supermarkt welche zu bekommen. Nun sehe ich, dass aber auch Winzer im Onlineshop auch Weine mit Schraubverschluss anbieten. Für mich sehr enttäuschend.
Meines Erachtens gibt es gar keinen Zweifel, dass der Schraubverschluss dem Korken technisch turmhoch überlegen ist. An irgendwelchen, Entschuldigung, albernen Ritualen liegt mir nichts, messbare Vorteile sind meines Erachtens entscheidend. Habe mich kürzlich sehr gefreut, als ich herausfand, dass seit einigen Wochen mein Lieblingswein nur noch mit Schraubverschluss angeboten wird.
Das kann ich nur bestätigen!
Uralte Diskussion, ich finde, man sollte komplett
auf die Schraubverschlüsse umsteigen, die positiven Argumente dafür überwiegen, und vor allem gibt es keinen Wein mehr der
"korkt" , alleine das wäre es wert .
Danke, sehr guter Beitrag zu einer schon zu lange andauernden Diskussion.