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Darum lieben Ambrosia-Käfer Ihren Wein

16. April 2018 13:17

DEUTSCHLAND (Würzburg / München) – Wer an lauen Sommerabenden mit einem Glas Wein im Freien sitzt, findet nicht selten Ambrosiakäfer in seinem Glas wieder. Doch man sollte Nachsicht mit ihnen haben, denn die scheinbar todesmutigen Mini-Käfer sind in einer wichtigen Mission unterwegs.

Von Ruth Preywisch

Ein internationales Forschungsteam mit starker Beteiligung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und der Technischen Universität München (TUM) hat jetzt herausgefunden, warum die Käfer zielgerichtet in Wein- oder Biergläsern landen. Sie suchen den Alkohol – aber nicht etwa des Rausches wegen. Die Ambrosiakäfer wollen nur das Beste für sich und ihre Nachkommen: Sie nutzen Alkohol als Unkrautvernichter in ihren Pilzfarmen und optimieren damit ihre Ernte.

Ambrosiakäfer sind eine grössere Gruppe mit mehreren tausend Arten weltweit. Sie gehören zu den Borkenkäfern und betreiben aktive Pilzzucht, von der sie sich und ihre Larven ernähren. „Dass geschwächte Bäume Alkohol produzieren und die Käfer sich bevorzugt dort ansiedeln, ist schon lange bekannt“, sagt einer der Leiter der Studie, Peter Biedermann von der JMU.

Auch betrunken kein schöner Anblick: Ambrosiakäfer
Auch betrunken kein schöner Anblick: Ambrosiakäfer

Doch warum Alkohol für die Insekten so attraktiv ist, war bisher ihr Geheimnis. Biedermann und seine Kollegen haben es jetzt gelüftet. „Eine erhöhte Aktivität von Alkohol-abbauenden Enzymen erlaubt es den Nahrungspilzen der Insekten, in alkoholhaltigem Holz optimal zu wachsen, obwohl es für andere Mikroorganismen giftig ist“, sagt Biedermann. In der Konsequenz bedeutet dies: Es ist mehr Nahrung für die Käfer vorhanden, die somit mehr Nachwuchs grossziehen können als in „alkoholfreiem“ Holz.

Am besten wachsen die Nahrungspilze, von deren Fruchtkörpern sich die Käfer und deren Larven ernähren, bei einer Alkoholkonzentration von etwa zwei Prozent. „Bei dieser Konzentration können die omnipräsenten Schimmelpilze, die auch als ‚Unkraut‘ der Pilz-Landwirtschaft angesehen werden können, nur schlecht bestehen“, erklärt Phillip Benz von der TUM.

Mit dieser Art der nachhaltigen und resistenzfreien Landwirtschaft sind die Käfer immens erfolgreich, sie nutzen das Prinzip seit etwa 60 Millionen Jahren. Und sie können noch viel mehr. Die Käfer zeigen echtes soziales Verhalten, sie pflegen ihre Pilzgärten gemeinsam und arbeitsteilig. Sie geben alles, um die Symbiose von Käfer und Pilz zu optimieren. Das geht so weit, dass die Tiere die Pilzsporen mithilfe eigener Sporen-Organe bei der Neuansiedlung mitbringen.

Aus diesen erwachsen dann neue Pilzgärten und am Ende sind die Pilze sogar in der Lage, selbst Alkohol zu produzieren, um die Umgebung zu verbessern. Damit verhalten sie sich ganz ähnlich wie Bier- oder Weinhefen, die sich selbst ein alkoholhaltiges Substrat generieren, in dem nur sie selbst gut wachsen können und andere konkurrierende Mikroorganismen ausgeschlossen werden“, erklärt Biedermann.

Einem weiteren Geheimnis der Käfer wollen die Forscher als nächstes auf den Grund gehen: Im Gegensatz zu anderen Insekten vertragen sie den Alkohol nämlich auch weit besser. „Bioindustriell sind diese Eigenschaften potentiell von grossem Nutzen und könnten auf andere Systeme übertragen werden – wenn wir sie besser verstehen“, sagt Benz. Sie sind jedenfalls weit mehr als einfach nur lästige Störenfriede im Weinglas.

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